Es waren beide einmal bedeutende, internationale Metropolen. Heute sind die Orte unwichtig, eine spektakuläre Tempel- und Pagodenlandschaft zeugt aber von ihrer turbulenten Vergangenheit. Die Rede ist von Bagan und Mrauk U. Bagan ist heute DAS Touristenziel Myanmars, niemand der das Land besucht, geht nicht nach Bagan. Mrauk U hingegen – ausgesprochen MiauU – wird kaum von Reisenden besucht. In Zahlen: Während die alten Tempel von Bagan jeden Tag von über 8000 Menschen bestaunt werden, verirren sich gerade mal gut fünf Touristen pro Tag nach Mrauk U. Die Zahlen basieren auf den Eintrittsgelder. Wenn man in die Region Bagan und Mrauk U reist, bezahlt man Eintritt. Für Bagan umgerechnet 20 Franken, für Mrauk U vier Franken.
Es wird jetzt ganz kurz ein paar Linien etwas geschichtlich: Mrauk U war zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert ein Zentrum für Kunst und Handel. Eine bedeutende Metropole, dessen geschäftliche Beziehungen bis nach Arabien und Europa reichten. Die Portugiesen und Holländer hatten sogar ihre eigenen Viertel in der Stadt. Am Ende des 18. Jahrhundert gelang es einem burmanischen König, Mrauk U zu unterwerfen, durch Verrat. Innerhalb weniger Jahren versank das ehemals grosse Reich in der Bedeutungslosigkeit.
Etwas früher regierte die Grossmacht Bagan, das heutige Tempellandschaft ist das grösste Touristenmagnet Myanmars. Bagan wurde im 11. Jahrhundert bedeutsam, wuchs und wuchs und ihre Könige bauten wie verrückt Tempel und Pagoden, ein richtiger religiöser Bauboom wurde ausgelöst. Warum das Reich untergegangen ist, ist nicht ganz klar. Im meinem Guide werden die sinkenden Steuereinnahmen infolge der vielen Landschenkungen an buddhistische Klöster genannt.
Mrauk U
Der Rauch der noch mit Holz kochenden Menschen hängt wie ein geheimnisvoller Schleier über und zwischen den Häusern, vermischt sich mit dem Abendrot. Aus dem seichten Rauch ragen die dunklen Tempel und Pagoden in den rot-orangen Himmel. Während dahinter die Sonne um Anerkennung kämpft. Ein Schauspiel, das nicht einfach zu toppen ist. Die vier-fünf Touristen die heute in Mrauk U sind, versammeln sich auf einem Hügel, von hier ist dieses Naturwunder am besten zu bestaunen. Es ist ruhig, ich bin überwältigt. Geheimnisvoll, mystisch, ich spüre, wie dieser Moment tief reingeht, unvergesslich sein wird. Auch weil es sich so exklusiv anfühlt, diesem Naturschauspiel haben noch nicht viele Menschen beigewohnt.
Es gibt zwei Gründe warum Mrauk U von fast keinen Touristen besucht wird. Erstens: Es ist nicht ganz einfach zu erreichen, entweder 15 Stunden mit dem Schiff oder 18 Stunden mit dem Bus. Und zweitens ist das Gebiet erst seit weniger Jahren überhaupt zugänglich für Ausländer. Auch heute ist es nicht ganz unbedenklich. Die Religionen sorgen immer mal wieder für Streit. Mrauk U liegt nah an der Grenze zu Bangladesch, einem islamischen Land.
Heute ist Mrauk U ein verschlafenes Dorf, dass zwischen Dutzenden alten Tempeln, Pagoden und zwei kleinen Seen eingebetet ist. Die Menschen kriegen wenig Unterstützung vom Staat, sind sich selber überlassen. Auch der Tourismus wird nicht gefördert, nicht mal ein Flugplatz existiert. Genau darum ist Mrauk U aber auch so authentisch. Niedrige Häuser, Märkte, miserable Strassen. Nach Souvenirläden, fancy Restaurants und Smartphoneshops sucht man hier vergebens. Zu essen gibts nur burmesisch, eins, zwei bessere Hotels bieten Schlafplätze für den etwas anspruchsvolleren Touristen.
Bagan
Hier gibts ihn, den Luxus. Bagan hat heute nur als Myanmars Touristenmagnet Nummer 1 eine Bedeutung. Klar, die unzähligen Tempel und Pagoden haben eine grosse geschichtliche Bedeutung. Auf einer Fläche von 40km2, das ist zweimal das Stadtgebiet Basels, erstrecken sich Hunderte Tempel und Pagoden. Wenn man als Ort bedeutend wird, dann müssen Tempel, Pagoden und Buddhas her. Je mehr, desto besser. Man hat wirklich das Gefühl, da hat ein grössenwahnsinniger König gewirkt, der auf Teufel komm raus, religiöse Symbole bauen liess. Während dem Aufstieg und der Blütezeit Bagans, haben acht Könige, während etwa 200 Jahren gewirkt. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert.
Der optische Unterschied zu Mrauk U: Es sind viel mehr Tempel und Pagoden, es ist holländisch flach und die meisten Tempel wurden mit rotem Backstein gebaut. Das Dorf neben der Tempel-Landschaft heisst Neu-Bagan, und hat sich ganz dem Tourismus verschrieben. Ist auch nötig: 8000 Menschen pro Tag brauchen 8000 Betten und ganz viel Essen. Viel Infrastruktur wurde darum gebaut, in Neu-Bagan geht fast alles: Italienische Pizza essen, Zehnagel-Pedicure geniessen, rucksackweise Souvenir kaufen, alles ist möglich hier. Und überall sind Touristen aus aller Welt anzutreffen. Für mich nach den Tagen mit Aung und Mrauk U etwas Spezielles.
Mrauk U hat mich definitiv mehr geflasht. Das Glück ist hier in Bagan aber auch nicht auf meiner Seite. Das Bild das man auf allen Guide-Covern sieht, ist die Bagan-Tempel-Landschaft mit den bekannten Luftballonen und dem Morgen- oder Abendrot. Ich hatte Regen, und wenns nicht regnete, überdeckten die Wolken die Sonne. Ich bin drei Tage hintereinander um fünf Uhr aufgestanden, jeden Abend um 18:00 uf einem Tempel bereitgestanden. Nichts, es war mir weder Sonnenuntergang noch Sonnenaufgang gegönnt. Das Timing stimmt nicht immer. Aber Bagan ist natürlich sowieso spektakulär, mystisch. Tempel und Pagoden bis zum Horizont, sieht toll aus, auch wenn man nie alleine ist.
So, jetzt gnüägeläts aber doch langsam mit Tempel und Buddhas… für mich gehts weiter zum Inle-See, dem zweit-grössten Touristenmagnet Myanmars. Dort leben Menschen auf dem See! Ich reise weiter mit Kate und Sarah aus England und Schottland. Freue mich!