Remo MüllerGuatemalaLeave a Comment

12.1.2016

Er sieht ein bisschen aus wie der Lago Maggiore. Verwinkelter See, umgeben von Bergen. Unterschied: Die Berge sind Vulkane, und die Menschen keine Tessiner. Dafür: Hippies. Zumindest viele davon.

In der Schule habe ich zwei tolle Reisekompanen kennengelernt. Beni und Simon aus dem Sprengkandidatenkanton Schaffhausen.image

Sehr früh gings los: 5:30!! Wir sind die Letzten die zusteigen, in den überfüllten Bus. Uns blieben die Klappstühle bei der Schiebetür. Vom Komfort her vergleichbar mit besonders unbequemen Campingstühlen. Der Fahrer, ein kleiner Amok. In unübersichtlichen Kurven überholen, das Normalste der Welt für ihn. Entweder den Verkehr mitverfolgen und wahnsinnig werden, oder Kopfhörer rein, Augen zu, etwas Schönes denken. Einmal habe ich die Augen aufgemacht, weil der Bus plötzlich langsamer fuhr. Ich sah einen schwer verletzten Mann auf der Strasse, die Sanität war bereits vor Ort. Ich schliesse die Augen wieder. Versuche irgendwie einzunicken. Geht nicht, zu unbequem. Ich öffne die Augen wieder, und sehe einen in die Strasse integrierter Hund. Entweder hänge ich wochenlang im All-inclusive-Hotel rum, oder, ich reise. Und das ist halt auch mal etwas gefährlich. Mit dieser Überlegung konnte ich mit der Situation umgehen.

Aber, nach drei Stunden über Guatemaltekisches Berggebiet, haben wirs geschafft. Panajachel war das Ziel. Ein recht hässliches Örtchen direkt am Atitlan-See, auf 1600 Metern Höhe. So ein Tourikaff. Im Hotel eingecheckt, begannen wir rasch die geführte Schiffstour. Erster Halt: San Juan, ein herziges Künstlerdorf. Vor wirklich atemberaubender Kulisse malen und weben die Menschen ihre Bilder und Schale. Wir tranken eine Kokosnuss und assen eine kleine Banane. Es war die Beste in meinem Leben!!

Nächster Halt: Das verrückte San Pedro. Eines der Hippie-Dörfer. Menschen aus aller Welt hängen hier rum, dealen und ziehen rein. Was genau weiss ich nicht recht, kenne mich da nicht so gut aus. Auf jedenfall wars beim einen oder anderen einen Zug, Biss oder Schluck zu viel. Ab und zu liegt einer mitten auf der Strasse. imageEiner war so regungslos, wir dachten, vielleicht ist der ja gar nicht mehr unter uns. Beni hat ihm dann eine Flasche Wasser hingestellt und ihn etwas geschupft. Der Arme hat ganz verwirrt und erschrocken aufgeschaut, legte seinen Kopf dann wieder auf den Asphalt. Der Kleiderstiel dieser Leute liegt irgendwo zwischen Bob Marley, Willhelm Tell und Jesus. Entweder die finden das wirklich schön, oder sie können nicht damit umgehen, dass wir nicht mehr in den 70ern sind.

Die Hauptstrasse führt vom See den Hügel hinauf. Auf beiden Seiten verrückte Märkte und Menschen. Hippies und Einheimische. imageDie roten Tucktucks rasen in halsbrecherischer Geschwindigkeit nur wenige Centimeter an den Menschen vorbei. Bireweich ist das… Auf der anderen Seite strotzt die Stadt nur so von Leben! Ausser natürlich man zieht ein paar mal zu viel..dann ist da für ein paar Stunden nicht mehr viel Leben… Vorne am See das pulsierende Städtchen, hinten am Hang die Blechhütten der Armen. Und mittendrin, die Kirche. Während viele Häuser einen höchst renovationsbedürftigen Eindruck machen, sieht die Kirche perfekt aus, keinen Kratzer am Verputz. Wir hörten, dass man da rein kann. Ich bin sonst nicht so heiss darauf, jede Kirche auch noch von innen zu sehen. Diese hat uns aber gereizt.

Auf Marmorboden stehend, konnten wir über die Blechhütten des Armenviertels sehen. Und im Kirchturm, hats nicht etwa ein Glockenspiel, sondern ein Radiostudio! Rundherum grosse Fenster, mit einer bombastischen Aussicht auf den Lago Maggio…ääh..Atitlan. Der Wahnsinn! Über eine enge Wendeltreppe kommt man da rauf. Ich habe mit allem gerechnet da oben, aber nicht mit einer Radiostation. Es handelt sich um das christliche Radio von San Pedro. Ich habe ja nie beim Radio gearbeitet, trotzdem hatte ich so ein merkwürdig, heimisches Gefühl.

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Als letztes Ort haben wir Santa Catarina besucht. Ein Dorf der Extreme. Riesige Villen am See, direkt neben den Blechhäuschen dieser Menschen, die nichts haben. Trotzdem scheinen sie einen zufriedenen Eindruck zu machen.

Bei Santa Catarina hätte es so heisse Quellen, die von den Vulkanen in den See fliessen. Wir fanden sie, die Quelle. Tatsächlich spürten wir bei diesem Felsen ganz leicht lauwarmes Wasser. Wir haben uns aber gefragt, ob da nicht die einheimischen Kinder dafür zuständig sind, diese «Quelle» warm zu halten…

Für die Rückfahrt hat der Fahrer gewechselt. Der Neue ist noch schlimmer. Aber ich bin jetzt ausgerüstet. Ich habe nun jemand, der auf mich aufpasst. Ein Frosch mit Samichlausmützli, mein Reiseglücksbringerli. Habe den am See bei einer freundlichen Glücksbringerliverkäuferin erstanden. Er hat aber noch keinen Name..Ideen?

Ein tolles Wochende war das. Merci Beni und Simon! 🙂
Ganz nebenbei hat sich nach sieben Tagen auch mein Magen entschieden, wieder einwandfrei zu arbeiten. So macht alles noch ein bisschen mehr Freude.

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