Wieder dieses Gefühl. Puure Überwältigung. Ich wills festhalten diesen Moment, mit euch teilen. Aber das bringt man nicht auf ein Bild. Kein Weitwinkel. Keine Panofunktion. Zu gross dieses Naturschauspiel. Ein Vesuch wars wert.
Das Abendrot spiegelt sich im Rauch des mächtigen Vulkans. Die letzten Sonnenstrahlen lauschen hinter den Palmen. Die Wellen des Nicaraguasees treffen auf der rechten Seite des Vulkans auf den feinen Sand. Im Vordergrund: Eine Farbenpracht an verschiedenen Blumen mein Grossmami würde wieder Purzelbäume rollen. Eine märchenhafte Stimmung. Wie gezeichnet. Kitschig, aber real. Es ist muxmüslistill. Wir sind berührt von dem was da vor unseren Augen passiert. Ein kurzer, emotionaler Moment. Ich spühre, wie er sich sofort in mein Langzeitgedächniss einbrennt. Wow.
Ich bin auf der Märcheninsel Ometepe. Eine Insel im Lago Nicaragua, dem grössten See in Zentralamerika. 90 mal so gross wie der Zürisee. Oder 15 mal den Bodensee. Die Insel selber ist etwa so gross wie der Kanton Zug. Es ist die grösste vulkanische Insel in einem Süsswassersee der Welt, weiss Wikipedia. Auf Ometepe hat es zwei spektakuläre Vulkane, Wasserfälle, Flüsse, Blumen, Dschungel, wenig Menschen, viele Tiere, viele Affen vor allem und eine lange Beach. Dort fühlt es sich an wie am Meer. Das andere Ufer sieht man nicht. Weils sehr windig ist ein Schlaraffenland für Skite-Surfer. Der See ist aber nicht ganz ungefährlich, darin leben Bullsharks. Bullenhaie. Gehören zu den aggressivsten Haie überhaupt. Und sie halten sich gerne in der Uferzone auf. Aber ich bin ja eh nicht wegen der Beach hierher gekommen, da bin ich auf Corn Island voll auf meine Kosten gekommen. Dort bin ich mit den lieben Nurse-Sharks geschnorchelt! Habe ich im letzten Eintrag gar nicht erwähnt. Die beiden Ometepe-Vulkane besteigen wollen wir nicht. Der kleinere Maderas ist eingepackt in Dschunglewald. Da läuft man vier Stunden hoch und ist immer im Wald, hat also wenig Aussicht. Wenn man dann mal Aussicht hätte, ist sie zu 70% durch Wolken oder Nebel verdeckt. Vom grossen Concepcion hätte man zwar eine Wahnsinns Aussicht. Die beschwerliche zwölfstunden Wanderung ist aber eher für Hardcore-Wanderfüdlis gedacht. Also wandern wir im flachen Teil. Zum Beispiel zum «Punta Jesus Maria». Dort kommen die Strömungen des Sees zusammen. Die Wellen treffen aufeinander, haben dadurch eine kilometerlange Sandbank gebildet, welche knapp vom Wasser bedeckt wird. Da kannst du wie Jesus in den See rauslaufen. Im Hintergrund die beiden Vulkane. Wirklich eindrücklich.
Ich bin immernoch mit Tara und Julia unterwegs. Dazugekommen ist das Irische Pärli Nicola und Allen. Wir erkunden Ometepe also zu fünft.
Ein Märchen, die Zeit hier auf Ometepe. Wären da nicht diese kleinen Tiere. Als wir zum ersten Mal unser Dreibettbungalow betraten, waren Ameisen grad damit beschäftigt, einen toten Gecko durch das Zimmer zu befördern. Das war erst der Anfang. Leider.
Erste Nacht. Da tönt irgend etwas. So ein Kichern. Schon fast etwas unheimlich. Ich denk mir nichts dabei, schlafe ein. Mitten in der Nacht erwache ich. Ich höre dieses Kichern wieder. Ganz nah. Ich mache im Halbschlaf das iPhone-Licht an. Und sehe ein grüner Gecko neben meinem Chopfchüssi. Er macht nicht den Anschein, als würde er mein Bett verlassen wollen. Ich mache das Licht an, sehe am Boden zwei grosse Spinnen. Ich hasse Spinnen! Ich geh schnell zurück in mein Bett, zu meinem Gecko. Tara und Julia wachen auf, sehen die Spinnen. Die eine ist schwarz, die andere grasgrün. Das habe ich noch nie gesehen. Wir jagen sie raus.
Am nächsten Tag begegnen wir auf der Strasse zuerst einer Tarantel, eine Riiiiesenspinne. Später einem Skorpion. Beides Tiere die ich bis jetzt erst im Zürizoo gesehen habe. Aufregegend.
Wir sind zurück im Zimmer. Julia wühlt in ihren Sachen. Plötzlich ein Schrei. Ein grosses Skorpion hat sich in einen ihrer Pullis gekuschelt. Wir alarmieren das Hostel. Ein Typ kommt, macht Kurzenprozess mit dem armen Tier. Mit einem grossen Stein erdrückt er das Tier. «Von denen hat es ganz viele auf der Insel», sagt der Typ vom Hostel.
Die letzte Nacht steht an. Wir gehen in unser Bungalow. Wir sind müde, gehen schnell schlafen.
Wieder erwache ich mitten in der Nacht. Etwas kitzelt mich an den Beinen. Ich mache die Taschenlampe an. Ameisen in meinem Bett. Muss das sein… Ich mach das Hauptlicht an. Und traue meinen Augen nicht. Babyskorpione vergnügen sich auf meiner Bettdecke, mit der ich mich noch vor zwanzig Sekunden zugedeckt habe. Tara und Julia sind inzwischen wach, sitzen verschlafen in ihrem Doppelbett und reiben sich die Augen. Julia entdeckt eine grosse Spinne an der Wand. Wir schauen uns um. Da sind Hunderte Ameisen an den Wänden. Ich entdecke ein Spalt zwischen Tür und Wand. Ganze Dynastien von Ameisen gehen dort rein und raus. Ich klebe das Loch mit einem Pflästerli zu. Gleichzeitig höre ich wieder dieses Kichern. Auch ein Gecko ist wieder da. Er hängts seitlich an meinem Bettgestell. Tara sieht noch eine Spinne am Boden. Wir haben den verdammten Dschungel im Zimmer. Wir beginnen zuerst die Spinnen rauszujagen. Und das sind nicht einfach so kleinen Spinneli wie in der Schweiz. Noch beim Einfangen kommen noch mehr unter dem Doppelbett hervor. Wir setzen uns wieder aufs Bett. Alle auf das Doppelbett der Girls. Meines wird ja belagert von Skorpionen und Geckos. Wir machen eine Situationsanalyse. Wir fragen uns ganz nüchtern, wie kommen wir aus dieser Situation raus? Ziel: Möglichst bald wieder schlafen.
Wir beginnen mit den Spinnen, versuchen sie rauszutreiben. Es klappt nicht, sie wollen hier bleiben, bei uns im Zimmer. Auch die Ameisen können wir nicht rausbefördern. Wir müssen uns entscheiden. Freinacht oder Krieg. Wir ziehen in die Schlacht. Ausgerüstet mit Flaschen und Flipflops befördern wir alles was sich bewegt ins Jenseits. Alle Schlagen um sich. Ich beschäftige mich vor allem mit den Ameisen, die sich inzwischen durch das Pflästerli geknabbert haben. Die beiden Girls müssen ganze Spinnenfamilien auslöschen. Zu dritt schlagen wir wild um uns. Begleitend dazu, die Punkrockmusik von Frank Turner. Ein surrealen Moment. Zu was man fähig ist, wenn man einfach nur ganz fest schlafen will. Ich kann das recht gut mit meinem Gewissen vereinbaren. Die Insekten sind nämlich überbevölkert auf Ometepe. Darum haben wir die Insel nach vier Tagen auch gerne wieder verlassen. Aber, es ist das einzig Negative hier. Wer also nach Ometepe kommen will, unbedingt kommen! Es ist toll! Aber am Hotel nicht sparen. Und das Zimmer zuerst nach Löcher und Türspalten durchsuchen.
Gut zwei Wochen bin ich nun mit Julia und Tara herumgereist. Wir waren ein super Team! Ich habe euch sehr gerne bekommen. Wir hatten nicht immer Highlife. Da gabs auch Tränen. Wir waren für einander da, wenn das Herzchen mal geschmerzt hat. Danke dass ihr für mich da wart. Schön durfte ich für euch da sein. Ich werde diese zwei Wochen nicht vergessen. Unsere Wege trennen sich nun. Für mich geht’s weiter nach Costa Rica und Panama.