Remo MüllerGuatemala4 Comments

Antigua, 3.1.2016

Es ist soweit. Es beginnt, mein neues Leben. Oder einfach mein erstes längeres Reisli. 14 Stunden werde ich heute im Flugi sitzen. Das macht mir etwas Sorgen. Es ist fünf Uhr morgens. Mein Wecker macht mich darauf aufmerksam, dass es Zeit ist. Wecken musste er mich nicht, ich habe kaum geschlafen. So wie die letzten paar Nächte. Da sind mir doch einige Gedanken durch den Kopf gegangen, die letzten paar Tage und Nächte. Aber jetzt gehts los. Mami und Papi sind da, sie holen mich netterweise mit dem Auto ab, damit ich den schweren Rucksack, der mich die nächste Zeit begleiten wird, nicht an den Flughafen tragen muss. Natürlich auch, um nochmals richtig tschau zu sagen. Mami hat mir ein Glücksbringerli mitgegeben. Eine silberne Pfeiffe mit einem Mäscheli, «damit du pfeiffen kannst, wenn es dir nicht gut geht», sagt sie mir, mit einem etwas verlegenen Lächeln, als wäre es ihr peinlich. Hat sie das wirklich gesagt? Damit ich pfeiffen kann wenn es mir nicht gut geht?! Ich habe mich in diesem Moment grad vorgestellt, mitten im ecuadorianischen Dschungel, umgeben von bösen Panter und Schlangen, ich mit der silbrigen Pfeiffe im Mund. Danke Mami! Die Pfeiffe wird gut auf mich aufpassen, und mich ein Leben lang an diesen Moment erinnern. Also an diesen Moment am Flughafen, nicht an den Moment im Dschungel. Oder vielleicht auch an wenig an den.
Und dann, kommt er, dieser Moment. Die letzte herzhafte Verabschiedung. Ich laufe weg, scanne mein Ticket um durch die Abschrankungen zu gelangen, schaue nochmals zurück, winke mit einem etwas verkrampften Lächeln. Dann bin ich durch. Jetzt gibts kein Zurück mehr. Ich sehe meine Liebsten erst dann wieder, wenn ich diesen ganzen Spass erlebt habe. Verrückt. Jetzt passiert sie, meine Reise, in die Ferne, ins Ungewisse. Ich habe keine Ahnung was da auf mich zukommt. Meine Gedanken werden jetzt aber nicht irgendwie wehmütig oder gar philosophisch. Sie sind im Moment eher einfacher Natur: Hoffentlich hat es im Flugzeug einen Bildschirm im Sitz vor mir, damit ich Filme schauen kann und die Zeit schneller vergeht. Ich mag lange Flüge ganz fest nicht.

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Zürich Flughafen

In Madrit umgestiegen, geht es los über den Teich. Und wie kanns anders sein: es hat keinen Bildschirm im Sitz vor mir. Dafür ist es eng und eiszapfenkalt, wie das in Flugis unverständlicherweise Standart ist. Ausserdem macht die Innenausstattung einen steinzeitlichen Eindruck. Die Polster sind verformt, löchrig, das Kopfschutzteil oben am Sitz fällt immer wieder runter. Der Klett ist kabutt. Ausserdem funktioniert der Knopf mit dem man die Lehne verstellen kann, nur etwa bei jedem Zweiten. Die Flight Attendants haben darum einige vertiefte Diskussionen mit Passagieren, deren Gesichter wenig Zufriedenheit ausstrahlen. Ich ertappe mich dabei, mich etwas über die Zustände aufzuregen. Schnell klemme ich ab. Bescheidenheit Remo! Das ist eine super Vorbereitung auf das was kommt.

Ein paar Stunden später, es ist muxmüslistill im Flugi, geht das Licht ab. Eine Fensterklappe nach der anderen wird heruntergeschoben. Leichte, etwas unregelmässige Schnarchgeräusche ertönen langsam, zum Glück nur aus der Ferne. Ich bin nicht müde, möchte Spanischwörtli lernen und greiffe nach oben, versuche das Lichtteil zu drehen. Es passiert nichts. Ich drehe nochmals, mit etwas mehr Schwung. Die Lichteinrichtung kommt mir entgegen, sie hängt nun knapp über dem Kopf der offenbar schlafenden Sitznachbarin diagonal vor mir. Ich mache den etwa 50-jährigen, gut beleibten Flight Attendant darauf aufmerksam, dass da mit dem Licht etwas nicht stimmt. Er sagt etwas Schnelles auf Spanisch, keine Ahnung was. Ein paar Passagiere verwachen, starren mich und die herunterhängende Lichtkonstruktion an. Der Flight Attendant schaut weiterhin nicht freundlich und drückt die Kabel und das Lichtteil wieder rein. Leuchten tuts nicht. Ist ja nicht so schlimm, versuche ich meine aufkeimenden Ärgergefühle im Keim zu ersticken. Dann mache ich eben die Fensterklappe etwas auf. Dies findet aber mein Sitznachbar hinter mir nicht lustig, er möchte schlafen, es blendet, meine ich zu verstehen. Schlafen?! Es ist sowas von Tag! Da schläft man doch nicht! Ich sitze also im dunklen Flugi, hellwach, darf aber nicht hellmachen. Es bleibt mir nichts anderes übrig als auch zu versuchen einzunicken. Fünf Minuten später, die Lichter gehen an. Die Schnarchgeräusche verstummen, das eine um das andere. Das Wägeli kommt, es gibt Ton-Oliven Sandwich.

 

Elena

 

Ich frage meine Sitznachbarin, Elena, ach ja, Elena habe ich ja noch gar nicht vorgestellt. Sie hat diesen ganzen Flugi-Abenteuer amüsiert beigewohnt. Eine junge Madriterin, die seit einem Jahr in Guatemala City wohnt. Sie hat die Festtage bei ihrer Familie in Madrid verbracht. Sie unterrichtet Geschichte an der Uni Guatemala City. Mir versucht sie, die spanische Sprache etwas näherzubringen. Gemeinsam gehen wir meine Vocachärtli durch und ploiderlen über Gott und die Welt. Ohne sie, wäre dieser Flug eine echte Herausforderung gewesen. Nach gefühlten zwei Wochen in diesem Flugi haben wir es aber geschafft. Landung in Guatemala City. Die Metropole ist dreckig und hässlich, konnte ich überall lesen. Dies wurde mir auch von Elena bestätigt. Am Flughafen verläuft aber alles äusserst effizient. Bei der Ankunft wartet auch schon so ein Typ der aussieht wie Evo Morales. Er hält einen halb-verrissenen Karton in die Luft. Darauf steht: Raimond Denis Mueller. Irgendwie eine schönes Gefühl, wenn hier in der Fremde jemand auf mich wartet. Mit diesem Typ, er spricht ausschliesslich spanisch, fahre ich nun zu meinem Zuhause für die nächsten zwei Wochen, nach Antigua. Und da habe ich nun auch schon einen Tag verbracht. Die Stadt liegt in den Bergen, umgeben von aktiven Vulkanen. Einer war heute besonders fleissig! Morgen gehts dann zur Schule..Spanisch intensiv. Mehr dazu, morgen, oder übermorgen..vielleicht. Hier nimmt man es nicht so genau, habe ich gehört :).

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4 Comments on “Von Zürich nach Guatemala…”

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