Remo MüllerGuatemala1 Comment

Antigua, 5.1.2016

Ich habe ja damit gerechnet dass ich mit meinem sensiblen Schweizer Mägli in diesen Monaten wohl nicht um Magenprobleme herumkommen werde. Dass ich aber schon am zweiten Tag brett-flach liege, dass hätte ich mir doch anders vorgestellt.

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Flach in meinem Mini-Zimmerli

Auch wenn es oft schwierig ist zu definieren was da auf dem Teller liegt, bin ich eigentlich begeistet vom Essen hier! Mein Gastmami Mayra kocht wirklich sehr toll! Hier gibts ganz lustige Gemüse, sieht aus wie ein komischer Kürbis, schmeckt dann aber nach Süsskartoffeln. Ob Mais-Poulet-Masse oder einfach Reis-Suppe mit Gemüse, es ist immer sehr tasty. Leider ist mir aber genau diese positive Überraschung zum Verhängnis geworden. Wahrscheinlich war es der Poulet-Tortilla aus der Schule der wohl nicht ganz sauber war. Schon eine Stunde nach dem ich diesen zu mir genommen habe, merkte ich, das etwas nicht stimmt. Es wurde immer ungemütlicher. Am Nachmittag dann begann der Terror. Der Tortilla wollte wieder raus. Oben, unten, es war ihm egal, Hauptsache schnell. Eigentlich wollte ich warten bis die Familie ein Ausflügli macht oder so, aber die gingen einfach nicht aus dem Haus. Zudem sieht das Badezimmer nicht so aus wie wir uns das gewöhnt sind. Das mit der Hygiene nimmt man hier nicht so ganau. Die Lüftung des WCs ist ein nicht schliessbares Fenster, also ein Loch, das direkt in die Küche gerichtet ist. Diesen Architekten möchte ich mal kennenlernen. Da sitzt also die ganze Familie am Küchentisch, und ich begann zu realisieren, es muss jetzt einfach sein. Es gibt Situationen im Leben, da muss man durch… Aber die Familie umsorgt mich rührend. Mein Gastmami glaubt wohl, dass es an ihrem Essen gelegen hat. Sie macht den Eindruck als fühle sie sich schuldig. Immer wieder bringt sie mir Tee, mit sonderbarem Geschmack. Auch der Japaner Momomo, der zweite Sprachstudent der bei meiner Gastfamilie wohnt, umsorgt mich. Er hat mir so ein japanisches Pülferchen gebracht. Es sei ein Wundermittel sagte er. Nach dem Motto, schlimmer geht nicht, habe ich mir neben meinen Medis aus der Schweiz auch noch dieses Pülferchen zu Gemüte geführt.

Nunja, heute liege ich im Bett, habe Schüttelfrost, Gliederschmerzen, Kopfweh und meine Verdauung spielt nach wie vor verrückt. Das mit der Schule wird heute und morgen wohl nichts. Immerhin bin ich heute wieder in der Lage Buchstaben anzuschauen, sprich etwas Spanisch zu lernen.

Noch zur Familie: Da gibts mein bereits erwähntes Gastmami Mayra, geschätztes Alter: 60. Sie ist sehr lustig, lacht viel, kocht gut. Was mit ihrem Mann ist, weiss ich noch nicht. Auf jeden Fall ist er nicht hier. Sie hat zwei Söhne und eine Tochter. Der eine Sohn Philippe ist ein lebenslustiger Typ, der nicht mehr hier wohnt, kommt jeweils zum Zmittag. Der zweite Sohn Vincent wohnt noch hier, mit seiner Frau und ihrere gemeinsamen Tochter, sie ist noch ein Baby. Vincent leidet wohl an Fettleibigkeit. Der liegt neben der Nacht auch am Tag im Bett, schaut fern. Er steht auf, wenns zu essen gibt. In der Nacht schnarcht er laut und äusserst unregelmässig. Ich muss zuerst einschlafen, sonst lässt er mir keine Chance. Das Häusschen ist extrem ringhörig. Gestern als ich beim Zmorge sass, erschrack ich, als diese Schnarchgeräusche immer näher kamen. Mit Schrecken habe ich festgestellt, dass dieser Vincent einfach so laut und angestrengt atmet. Dieser Typ tut mir leid, er bräuchte dringend Hilfe. Dann gibts noch die Tochter Linda. Die ist wie die Mutter, einfach in jung. Sie ist forsch im Auftritt und hat eine laute Stimme. Aber immer aufgestellt und lustig.
Lustig ist auch das Häuschen. Neben dem WC das in die Küche zieht, ist das Haus gegen hinten offen. Also nach das Küche gehts ohne Tür in den Vorratsraum, und der geht dann ins Freie, in den Wald, ohne Tür. Das heisst man kann von hinten, vom Waldrand aus direkt in die Küche reinspazieren. Wenn man aber vorne aus dem Haus geht, schliesst man die Tür ab. Doppelt sogar, hat mir Mayra ans Herz gelegt. Die spinnen, die Guatemaler, würde Obelix sagen.

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Mein Zuhause bei Familie Hernandez

Die Schule hingegen hat ganz auf Wände und ein Dach verzichtet. Die Lektionen sind unter freiem Himmel. Da kommen die Schüler am morgen um acht Uhr in diesen Dschungel-Park, jeder trifft seine persönliche Privatlehrerin. Zusammen sucht man sich dann einen Tisch aus, irgendwo unter Palmen. Grossartig wirklich. Die Lehrerinnen sind aber leider nicht professionell. Meine Lehrerin (Maria, 23) zum Beispiel hat Jus studiert und gibt jetzt als Hobby ein bisschen Spanischlektionen. Diese fehlende Pädagogikfähigkeiten meine ich zu spüren. Ich habe die erste Lektion etwas schwach gefunden. Wir haben hauptsächlich Wörter übersetzt. Das kann ich auch alleine. Aber: Bescheindenheit Remo! Und wenn die Lektion eine Wucht gewesen wäre, würde es mich jetzt noch mehr reuen, dass ich sie nicht besuchen kann.

One Comment on “Zweiter Tag – flach”

  1. Andere Länder, andere Sitten! Tönt spannend, würde mich über Bilder vom Haus freuen! Und hey, ich wünsche dir gute Besserung, hoffe dein Magen erholt sich bald und ist nachher abgehärtet!!

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